Wie immer am Ende des Kalenderjahres, bzw. zum Anfang des neuen Trainingsjahres steht für uns Langstreckenläufer um die Weihnachtszeit wieder die „lange“ Trainingsdistanz auf dem Programm. Dabei kommt es nicht auf das Tempo an, wichtig ist es dagegen nach Möglichkeit die gesamte Länge zu schaffen. Auch wenn man ein paar Meter gehen muss.
Die äußeren Voraussetzungen waren eigentlich fast ideal, Sonne, Temperaturen um die 20 Grad und leichter Wind. Meine geplante Strecke – wie die letzten Jahre – von Puerto del Carmen an die Costa Teguise und wieder zurück. Größtenteils auf der Originalstrecke des Lanzarote-Marathons, der hier vor zwei Wochen stattgefunden hatte.
Die einzige Sorge bereiteten mir meine Oberschenkel. Die waren auch zwei Tage nach dem Lauf auf den Montaña Blanca – einen der höchsten Vulkane Lanzarotes – noch ziemlich lädiert.
Kurz nach 14 Uhr brach ich auf. Im Hinterkopf immer das ungute Gefühl von vor drei Jahren. Damals lief ich auch auf den Vulkan und musste am nächsten Tag die letzten acht Kilometer meines langen Laufes wandern, da die Oberschenkel nach 32 Kilometern komplett zugemacht hatten.
Die Sonne strahlte vom blauen Himmel und der leichte Wind erwies sich als beständiger Gegenspieler, der meine Pace auf einem konstanten 5er Schnitt einpendeln lies. Irgendwie fühlte ich mich nicht richtig wohl dabei und kam auch nicht richtig ins Rollen. Vorbei an der schön geschwungene Bucht der Playa de los Pocillos ging es die ersten drei Kilometer bis zum Ende der Promenade. Von dort auf den Rad- und Fußgängerweg, der über zwei Kilometer zwischen Strand und Flughafenlandebahn entlang führt. Danach zwei Kilometer vorbei an der Playa Honda am Meer entlang nach Arrecife, der Hauptstadt von Lanzarote.
Der Gegenwind blies ununterbochen und meine Gedanken beschäftigten sich ständig damit weiterzulaufen oder umzudrehen. Am Eingang von Arrecife machte ich einen kurzen Stopp und ging in mich. Elf Kilometer lagen hinter mir, bis zur Costa Teguise noch neun vor mir. Meine Beine waren unverändert und ich entschied kurz entschlossen weiterzulaufen. Zur Not konnte ich immer noch mit einem Bus oder Taxi zurück ins Hotel fahren.
Ab diesem Zeitpunkt war es ein anderer Lauf. Ich spulte Kilometer um Kilometer ab. Immer am Meer entlang durch Arrecife, über einen großen Kreisel an der Autobahn, vorbei am Industriehafen Los Mármoles, wo das Schiffswrack der „Telamon“ in einer Bucht vor sich hin rostet bis zur Costa Teguise, dem zweitgrößten Touristenzentrum auf Lanzarote.
Dort angekommen wendete ich nach zwanzig Kilometern, die ich in einem Schnitt von 5:05/km gelaufen war. Trotz der Sonneneinstrahlung, hatte mir die Wärme durch den permanenten Gegenwind bisher nicht ausgemacht. Das änderte sich nun. Schon nach dem ersten Kilometer trieb es mir den Schweiß von der Stirn in die Augen. Meine Pace hatte sich ohne größere Anstrengung um fast 20sec/km gesteigert. Es lief nun richtig rund.
Kein Gedanke mehr an einen Ausstieg, stoppte ich erst nach 31 Kilometern in Arrecife, wo ich mir etwas zu trinken kaufte. Der halbe Liter eiskaltes Wasser und zwei Powergel Shots wirkten und ich lief die nächsten Kilometer teilweise unter 4:30/km immer der untergehenden Sonne hinterher.
Kurz vor dem Flughafen, kaufte ich mir an einem Kiosk am Plaza de Guasimoto noch eine Flasche Wasser. Weit vor mir lief ein Läufer in flottem Tempo. Er war in der untergehenden Sonne nur schlecht zu erkennen. Langsam schloss ich auf ihn auf. Als er mich hörte zog er sein Tempo etwas an. Ich hatte zwar schon über 35 Kilometer in den Beinen, aber der Ehrgeiz hatte mich gepackt. Mit einem kurzen Gruß ging ich an ihm vorbei. Er hängte sich sofort hinter mich, aber seine Schritte wurden langsam leiser und bis zum Ende der langen Flughafengerade hatte ich ihm schon etliche Meter abgenommen.
Die letzten vier Kilometer bis in mein Hotel vergingen wie im Flug und nach 3:12:57 h war ich wieder an meinem Ausgangspunkt. Die anschließende Dusche und das ausgiebige Abendessen hatte ich mir redlich verdient.
Was bleibt? Auch wenn es einmal nicht so gut läuft und der Kopf nicht fokussiert ist, macht es Sinn weiterzumachen und sich einfach auf seine Fähigkeiten zu verlassen. Es gibt immer einen Weg, mag er hart und steinig oder im Gegegnteil mit Rückenwind leicht abfallend sein. Wichtig ist es auf sich zu vertrauen und ihn einfach zu gehen. In diesem Sinne:
Danke für’s lesen und allen ein schönes friedvolles Weihnachtsfest!